Das trockene Auge

Was versteht man unter dem Begriff Trockenes Auge?

Das Trockene Auge ist eine weltweit verbreitete Erkrankung der Augenoberfläche, die durch eine Verminderung der Tränenmenge oder durch eine veränderte Zusammensetzung des Tränenfilms hervorgerufen wird. Darüber hinaus kann ein Trockenes Auge auch bei diversen Augenerkrankungen oder Allgemeinleiden vorkommen. Das Auge wird nicht mehr ideal befeuchtet. Man spricht deshalb auch von Benetzungsstörung des Auges.


Welche Symptome sind richtungsweisend für ein Trockenes Auge?

Augenrötung, Fremdkörpergefühl, Kratzen, Brennen, Schleimabsonderung, Lichtempfindlichkeit, müde Augen, geschwollene Augenlider, Unverträglichkeit von Kontaktlinsen, Probleme am Bildschirm, Unverträglichkeit von Kosmetika, Schmerzen bei Luftzug, im Flugzeug oder in rauchiger Luft und vieles mehr können Ausdruck eines gestörten Tränenfilms, d.h. eines Trockenen Auges sein. Aber auch Augentränen kann paradoxerweise infolge gestörter Benetzung vorkommen. Falls Sie unter ähnlichen Beschwerden leiden sollten, ist der Besuch bei Ihrem Augenarzt dringend anzuraten.


Wozu dient die Tränenflüssigkeit?

Tränen - besser: der Tränenfilm, der aus drei unterschiedlichen Schichten sehr kompliziert aufgebaut ist - benetzen die Augenoberfläche, nämlich Lidinnenseite, Bindehaut und Hornhaut. Dadurch halten sie die Oberfläche des Augapfels glatt und geschmeidig und ermöglichen eine gute Sehfunktion. Eine trockene Augenoberfläche wird wund und undurchsichtig. Der gesunde Tränenfilm enthält keimtötende Substanzen und schützt so vor Infektion. Schließlich ist das Auge ständig diversen Außeneinflüssen ausgesetzt. Trockene Augen sind vermehrt infektionsgefährdet. Von wesentlicher Bedeutung ist die Versorgung der durchsichtigen Hornhaut - unserem Fenster zur Außenwelt - mit Sauerstoff. Dieser Sauerstoff wird direkt über den Tränenfilm aus der Luft bezogen und wird so an die Hornhaut transportiert. Die Hornhaut des Auges besitzt nämlich keine eigenen Blutgefäße, um das Sehen nicht zu stören - üblicherweise bezieht unser Körper den Sauerstoff über das Blutgefäßsystem. Ist also der Tränenfilm verändert, so muß die Hornhaut in einer Art Notprogramm über die Blutgefäße der Bindehaut mit Sauerstoff versorgt werden. Dieses ist der Fall bei Erkrankungen, aber auch während des Schlafens. Deshalb sind die Augen rot, bei vielen Menschen bereits morgens, evtl. verbunden mit Schwellung der Lider, da sich ebenfalls die Blutgefäße der Lidinnenseite für die Notversorgung über Nacht öffnen. Frischluft und/oder "künstliche Tränen" sind in diesem Falle sinnvoll. Augentropfen mit gefäßverengender Wirkung sind dagegen verständlicherweise gefährlich, sie produzieren ein Trockenes Auge mit langfristig verhängnisvollen Auswirkungen für die Sehfähigkeit. Bei Trockenem Auge kann also von einer harmlosen Befindlichkeitsstörung nicht die Rede sein. Selbstmedikation ohne augenärztliche Diagnose kann ernsthafte Erkrankungen auslösen oder unentdeckt lassen!


Wodurch kann ein Trockenes Auge entstehen?


Die Tränenproduktion wird auf sehr komplizierte Weise neurovegetativ gesteuert. So unterliegt sie schon bei Gesunden erheblichen Tagesschwankungen in Menge und Zusammensetzung. Alle kennen die verminderte Tränenproduktion gegen Abend, nämlich dann, wenn wir müde werden ("das Sandmännchen kommt"). Die Tränenproduktion nimmt auch mit zunehmendem Alter ab. Frauen sind davon stärker als Männer betroffen, weil die hormonelle Umstellung nach den Wechseljahren auch die Sekretbildung beeinflußt. Benetzungsstörungen treten aber auch in Verbindung mit Allgemeinerkrankungen auf, z.B. bei Zuckerkrankheit, Schilddrüsenerkrankung, bei chronischem Rheumatismus oder entzündlichen Gefäßerkrankungen. Die Bindehaut des Auges, die an der Produktion eines Teiles des Tränenfilms beteiligt ist, gehört zu einem komplexen Immunsystem unseres Körpers. Somit gehen viele immunologisch (allergisch) bedingte Erkrankungen mit Trockenen Augen einher. Medikamente, die über längere Zeit eingenommen werden, greifen in den subtilen Vorgang der Tränenproduktion ein, wie etwa Psychopharmaka, Schlafmittel, Beta-Blocker, Hormone oder Antiallergika. Die Augenoberfläche ist entwicklungsgeschichtlich umgewandelte äußere Haut: Hautkrankheiten gehen deshalb vielfach auch mit Trockenem Auge einher.

Neurologische Erkrankungen, Verletzungen der Augenlider oder Augenoperationen können Ursache für ein Trockenes Auge sein. Weltweit nimmt die Zahl der Patienten, die unter einem Trockenen Auge leiden, zu. Die zunehmende Umweltbelastung durch Ozon und Abgase ist vermutlich eine Teilursache. Unser persönliches Umfeld wirkt sich ebenfalls auf den Tränenfilm aus: Heizungsluft und Klimanlagen führen aufgrund zu geringer Luftfeuchtigkeit zu verstärkter Verdunstung des Tränenfilms. Zugluft, Autogebläse, Flugzeugkabinen oder Rauchen steigern die Verdunstung des Tränenfilms. Daneben kann Bildschirmarbeit durch eine Verminderung der Blinkfrequenz zu einer Störung des Tränenfilmaufbaues führen. Der regelmäßige Lidschlag sorgt für einen stets frischen Tränenfilm. Ohne Lidschlag wird die Augenoberfläche trocken! Bildschirmtätigkeit erfolgt überwiegend in trockenen, klimatisierten oder gar verrauchten Räumen. In den englischsprachigen Gebieten wird bereits vom "Office Eye Syndrome" gesprochen.

Kontaktlinsen müssen im Tränenfilm "schwimmen". Die Sauerstoffzufuhr an die gefäßlose Hornhaut darf nicht behindert werden. Kontaktlinsen erwärmen aber die Augenoberfläche und führen so bereits bei einem gesunden Tränenfilm zu stärkerer Verdunstung als ohne Kontaktlinsen. Rote Augen oder festsitzende Kontaktlinsen sind ein Warnzeichen. Menschen mit Trockenem Auge können aber im Einzelfalle durchaus unter Augenarztkontrolle Kontaktlinsen tragen. Sprechen Sie deshalb mit Ihrem Augenarzt.


Wie stellt der Augenarzt eine Benetzungsstörung (Trockenes Auge) fest?


Besteht der Verdacht einer Benetzungsstörung, kann der Augenarzt Menge und Zusammensetzung des Tränenfilmes untersuchen. Mit einem Filterpapierstreifen, der in den Bindehautsack gehängt wird, mißt er die Flüssigkeitsmenge. Diese Methode bezeichnet man als Schirmer-Test. Aufschluß über die Stabilität des Tränenfilms gibt die Zeitspanne zwischen Lidschlag und Aufreißen des Tränenfilmes. Der Augenarzt färbt dazu die Hornhaut mit einem Farbstoff an und beobachtet Veränderungen durch ein speziell ausgestattetes Biomikroskop, der sog. Spaltlampe. Nur mit Hilfe dieses optischen Gerätes kann ein Augenarzt Veränderungen der Augenoberfläche bei Trockenen Augen diagnostizieren.

     
  Aufreiß-Test   Bengalrosa-Färbung   Ausgetrocknete Hornhaut



Wie wird das Trockene Auge behandelt?


In der Regel kann mit Hilfe von "künstlichen Tränen" die Benetzungsstörung der Augenoberfläche behoben werden. Welches der zahlreichen Präparate, die eine unterschiedliche Zusammensetzung und Konsistenz besitzen, im Einzelfalle vorteilhaft ist, kann nur Ihr Augenarzt entscheiden. Hierbei ist der Schweregrad der Benetzungsstörung ausschlaggebend. Er muß ebenfalls Ihre individuelle Therapie kontrollieren, um eventuell Ergänzungen oder Umstellungen durchführen zu können. Bei schweren Verlaufsformen stehen Spezialpräparate zur Verfügung. Neben diesen genannten Maßnahmen besteht auch die Möglichkeit, die verfügbare Tränenmenge zu erhöhen, indem man z.B. die Abflußkanälchen verschließt. Dieses sind nur einige Aspekte der Therapie des Trockenen Auges. Es gibt eine Vielzahl von Ergänzungsmaßmahmen, über die Sie Ihr Augenarzt informieren kann. Dazu gehören u.a. auch Hinweise zur Pflege der Lider oder zu Fragen der Kosmetik.


Was können Sie selbst bei Trockenen Augen tun?

Zunächst muß Ihr Augenarzt die Diagnose abgeklärt haben. Er muß eine ernsthafte Erkrankung ausgeschlossen und eine exakte Differentialdiagnose durchgeführt haben. Oftmals sind äußere Einflüsse der Grund für die Beschwerden. Wenn Sie nun in klimatisierten Räumen arbeiten, sollten Sie sich vergewissern, daß die Anlage für eine ausreichende Luftfeuchtigkeit sorgt. Notfalls muß ein zusätzlicher Luftbefeuchter aufgestellt werden. Sie sollten Ihre Augen regelmäßig frischer Luft aussetzen. Beim Autofahren sollten Sie darauf achten, daß der Strahl des Gebläses nie direkt auf die Augen gerichtet ist. Rauchen, ob aktiv oder passiv, wirkt sich gleichfalls negativ auf die Tränenfilmstabilität aus. Kontaktlinsenträger sollten ihre Kontaktlinsen regelmäßig nachbenetzen. Patientinen mit trockenem und empfindlichem Auge sollten bei der Wahl ihrer Kosmetikprodukte auf reizarme Kosmetik achten. Bereits Hautfett, aber auch Kosmetika, können den Tränenfilm irritieren. Konsequente Lidreinigung ist deshalb notwendig. Ihr Augenarzt wird Sie auch in diesen Punkten gerne beraten.

Hier und da kursiert die Vorstellung, daß ein Trockenes Auge durch falsche Ernährung und ihre sekundären Folgen hervorgerufen sei. Für diese Vorstellung gibt es bis heute keine wissenschaftlichen Belege. In Entwicklungsländern, wo Menschen Hunger leiden, gibt es tatsächlich Fehlernährungen, die mit Trockenheit des Auges einhergehen. Dieses ist in Mitteleuropa nicht der Fall. Ein Zusammenhang zwischen Nahrungsmittelallergie und Trockenem Auge ist wissenschaftlich bisher nicht belegt.


Zusammenfassung:
Das Trockene Auge stellt ein sehr komplexes Krankheitsgebiet dar. Nur Ihr Augenarzt ist in der Lage, die Diagnose und die Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen vorzunehmen.

Sowohl die Diagnostik, als auch die Therapie sollten in Ihrem Interesse regelmäßig durch den Augenarzt kontrolliert werden. So schützen Sie sich und Ihre Augen langfristig vor ernsthaften Veränderungen und Schäden.